Geſchichte

Nach 70 Jahren wieder auf dem Markt: Max Morgenstern‘s feinster Kräuterlikör

Max Morgenstern, der „Erfinder“ des gleichnamigen Likörs, wurde am 5. August 1880 in Dresden geboren, wuchs jedoch in Löbau / Sachsen auf, wo seine Eltern bald nach der Geburt ihres ältesten Sohnes eine Gastwirtschaft nebst Fleischerei eröffnet hatten. Nach einer kaufmännischen Ausbildung in einer renommierten Löbauer Weinhandlung verzog Max Morgenstern im Herbst 1899 nach Forst / Lausitz, um sich eine eigene Existenz aufzubauen. Offenbar waren die Möglichkeiten in der zur Jahrhundertwende aufstrebenden brandenburgischen Tuchstadt besser als in seiner sächsischen Heimatstadt.


Max Morgenstern (1880-1945), 1920er Jahre.

Nachdem Max Morgenstern zunächst einige Jahre in der Weingroßhandlung von Heinrich Lummerzheim tätig gewesen war, wagte er zum 1. Oktober 1907 den Schritt in die Selbständigkeit und eröffnete in gemieteten Räumen ein „Kolonialwaren-, Destillations- und Delikatessengeschäft, verbunden mit Wein- und Wildhandlung“. Bereits im Jahr vor der Geschäftsgründung hatte er sich mit Clara Matzdorff, der Tochter eines „Sergeanten“ aus Frankfurt an der Oder, verheiratet, die ihm in den nächsten Jahrzehnten eine wichtige Stütze in der Geschäftsführung sein sollte.

Durch großen Fleiß und enormen Arbeitseifer gelang es den Eheleuten recht bald, ihr Geschäft erfolgreich zu betreiben. Lediglich der Erste Weltkrieg, an dem Max Morgenstern ab Ende 1915 auf den westlichen Kriegsschauplätzen teilnehmen musste, unterbrach vorübergehend den Aufstieg des gut sortierten Forster Geschäfts. Da bereits bei dessen Gründung eine Destillation Erwähnung findet, dürfte alsbald auch mit der Herstellung selbst entwickelter Spirituosen begonnen worden sein. Binnen Kurzem muss vor allem der Absatz des Eigenprodukts „Morgenstern“ solchen Umfang angenommen haben, dass man 1912 das Etikett in die Zeichenrolle des Reichspatentamtes eintragen ließ.


Schaufenster mit „Morgenstern“-Dekoration am Geschäftshaus in Forst/Lausitz, Lindenstraße 6, 1934.

In den folgenden Jahren entwickelte sich der „Morgenstern“ zu einem Verkaufs schlager, für den kräftig Reklame betrieben wurde, so dass er in der gesamten Lausitz abgesetzt wurde. Geworben wurde auf Notizblöcken und Aschenbechern, die in Gaststätten Verwendung fanden, sowie im Kino – sicher ein damals ganz moderner Weg, um auf ein Produkt aufmerksam zu machen. Darüber hinaus präsentierte man den „Morgenstern“ auf Gewerbeausstellungen und anderen Fachmessen. Versehen mit Auszeichnungen, wurde stets der großartige Geschmack des magenfreundlichen Likörs gepriesen. Durch einen Breslauer Lebensmittelchemiker ließ man sich bereits in den 1920er Jahren die hohe Qualität der Ingredienzien bestätigen. Die genaue Rezeptur wurde natürlich wie ein Augapfel gehütet und war nur dem Chef selbst bekannt.


Messestand, 1934.

Ein neues Kapitel in der Firmengeschichte wurde im Jahre 1925 aufgeschlagen: Max Morgenstern, der offenbar schon länger über eine Expansion seines Geschäfts nachgedacht hatte, übernahm die Firma Heinrich Lummerzheim, in der er selbst einst gearbeitet hatte, als dessen Betreiber sich zur Ruhe setzen wollte. Max Morgenstern erwarb dabei dessen Wohn- und Geschäftshaus nahe dem Forster Marktplatz nebst allem Inventar und Warenbestand und führte den Betrieb unter der Bezeichnung „H. Lummerzheim – Inhaber Max Morgenstern“ weiter. Offenbar wollte man den guten Namen des bereits 1877 gegründeten Geschäfts nicht gänzlich in Vergessenheit geraten lassen. In Werbeanzeigen oder auf Briefköpfen wurden als Geschäftszweige fortan „Weingroßhandlung / Feinkosthandlung / Destillation / Kolonialwaren“ angegeben.

Die 1920er und 1930er Jahre dürfen als die erfolgreichsten Jahre im kaufmännischen Leben des Max Morgenstern gelten. Sein Geschäft war das größte seiner Art in der Stadt, Wein und Sekt wurden zuweilen in ganzen Waggonladungen bezogen. Als Großhändler belieferte Max Morgenstern drei Viertel aller umliegenden Gastwirtschaften, aber auch kommunale Einrichtungen wie das Krankenhaus oder das Waisenhaus. Außerdem wurde sehr erfolgreich eine Weinstube betrieben, die jedoch geschlossenen Gesellschaften vorbehalten war. Hier verkehrten die Honoratioren der Stadt, allen voran die Tuchfabrikanten, die teilweise illustre Gäste, wie z.B. den damals bekannten Kapitän und Schriftsteller Felix Graf von Luckner, mitbrachten.

Der Zweite Weltkrieg sollte dann das Ende für die Geschäftstätigkeit Max Morgensterns mit sich bringen. Zwar liefen die Geschäfte zunächst weiterhin recht gedeihlich, doch je mehr der Krieg nach Deutschland zurückkehrte, desto schwieriger wurden die Verhältnisse. Erst im Zuge einer zwangsweisen Evakuierung der zur Festung erklärten Stadt verließen Clara und Max Morgenstern Ende Februar 1945 ihr Haus und fanden in Taucha nordöstlich von Leipzig bei Verwandten ein Unterkommen.

Nachdem Max Morgenstern hatte erfahren müssen, dass sein Haus und all das, was er sich geschaffen hatte, im Zuge der Kampfhandlungen um Forst in Schutt und Asche versunken war, schwand sein Lebensmut und er verstarb am 18. März 1945. Seine Witwe übersiedelte im Folgejahr zu ihrer in Lippe verheirateten Tochter und rettete dabei das Rezept des „Morgenstern“. Da das Geschäft nicht weitergeführt wurde, wurde auch der Likör nicht mehr produziert. Erst im Jahre 2014 setzte Renate Wiesekopsieker, die einzige Enkeltochter Max Morgensterns, eine lang gehegte Idee in die Tat um, nämlich das Rezept zu reaktivieren, damit der Likör in der Lausitz wie im übrigen Deutschland wieder ausgeschenkt werden kann.

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